Haben Sie in dem Alter, in dem die Jugendlichen jetzt sind, vor denen sie vortragen, schon gewusst, was sie werden wollen? War Finanzdienstleistung damals schon ein Thema, das Sie interessierte?

Elisabeth Leitner: Nein, ehrlich gesagt nicht. In dem Alter hatte ich viele Ideen, aber keinen konkreten Plan.

 

Was ist für Sie der Anreiz bzw. die Motivation Workshops mit Jugendlichen zu machen?

Elisabeth Leitner: Weil es Sinn macht. Lebensnahes und verständliches Finanz- und Wirtschaftswissen ist eine Art Werkzeugkasten fürs Leben – je früher man ihn bekommt, desto besser. Ich gebe jungen Menschen gerne etwas mit, was ich mir in diesem Alter vielleicht selbst oft gewünscht hätte. Und ich liebe diese “Aha-Momente”, in denen Jugendlichen bewusst wird, wie wichtig das Wissen für ihre Zukunft ist und wie sie es gut anwenden können. 

 

Welche Beispiele kommen bei Jugendlichen am besten an?

Elisabeth Leitner: Es gibt zwei Beispiele, die beeindrucken vor allem Lehrlinge und angehende Lehrlinge zutiefst: 1. Wenn wir gemeinsam ausrechnen, welche Summe sie auf die Seite legen können, wenn sie 50% ihrer Lehrlingsentschädigung weglegen, während sie im Hotel Mama/Papa wohnen. Es ist sehr motivierend, wenn junge Menschen sehen, konsequentes Geldsparen bringt auch etwas!

Ein zweites Beispiel, das junge Menschen bewegt, sind Kredite und wie kostspielig es ist, sich Geld von der Bank zu leihen, vor allem für Konsumzwecke oder ein Auto.

 

Wo sehen Sie die größten Defizite (Gefahren durch Unwissen) bei Jugendlichen?

Elisabeth Leitner: Dass zu wenig hinterfragt wird und sich viele, nicht nur Jugendliche, auch Erwachsene, einfach mit Halbwissen oder Unwissen zufriedengeben. Oftmals werden auf dieser Grundlage Verträge unterschrieben und Verbindlichkeiten eingegangen. Man sollte sich auf jeden Fall Menschen und Berater suchen, die einem Themen einfach und verständlich näherbringen, bevor man etwas unterschreibt.

 

Gibt es ein Thema oder Beispiel, das für Überraschung sorgt?

Elisabeth Leitner: Als Überraschung würde ich das nicht bezeichnen, aber es gibt schon viele Momente in der Arbeit mit jungen Menschen, wo die rosarote Brille dann fällt und sich das Bewusstsein einstellt, dass man sich selbst um sein Geld kümmern muss, sonst macht es niemand – beispielsweise die Verhandlung der Zinsen bei den Banken.

 

Gibt es einen Satz oder eine Regel über Geld, die Sie immer wieder sagen und die wirklich hängenbleibt?

Elisabeth Leitner: Es gibt 3 Regeln für bewussten Konsum, die man sich stellen sollte, bevor man Geld ausgibt: 1. Brauch ich das wirklich? 2. Kann ich mir das leisten? 3. Was passiert, wenn ich es nicht mehr brauche? Bei Punkt 2 gibt es oft ein grundlegendes Missverständnis: Sich etwas leisten zu können bedeutet nie, dass am Ende der Rechnung 0 Euro steht. Denn, wenn kein Geld übrigbleibt, kann ich es mir nicht leisten.

 

Haben Schüler:innen einen anderen Zugang zum Thema Finanzen als Lehrlinge? Wenn ja, was unterscheidet diese?

Elisabeth Leitner: Ich habe das Gefühl, dass Lehrlingen der „Ernst des Lebens“ und die Verantwortung, die sie übernehmen dürfen, stärker bewusst ist, während Schüler:innen noch sehr im „Hotel-Mama/Papa-Modus“ sind und oft keinen Grund sehen, ihr Geld bewusster zu verwenden.